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40jahrevideokunst.de
Digitales Erbe: Symposium, Ausstellung und Studienedition zur Videokunst in Deutschland von 1963 bis heute

Die Rettung des Erbes der Videokunst
Die Videokunst ist eine der wichtigsten Ausdrucksformen der Gegenwartskunst. Ihre Attraktivität hat die Documenta 11 erneut eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Unter den dort vertretenen Werken nahmen Videoarbeiten einen herausragenden Platz ein. Der Erfolg des Mediums im Kunstbetrieb besitzt jedoch eine Schattenseite: Unbemerkt von der Öffentlichkeit vollzieht sich ein dramatischer Verfall historischer Arbeiten der Videokunst. Spätestens nach 20 Jahren benötigen Videobänder professionelle Hilfe. Zahlreiche Kunstwerke sind heute nur noch in beschädigter Form erhalten und verschwinden weiter, weil sich die Trägermaterialien immer schneller auflösen. Dieser Verfallsprozess betrifft vor allem die ersten Originalbänder. Selbst herausragende Künstlerinnen wie etwa Ulrike Rosenbach haben in der Vergangenheit versäumt, hochwertige und verlustfreie Umkopierungen ihrer Arbeiten vorzunehmen. Mit der fortschreitenden Zerstörung der Videokunst ist ein wichtiger Bestandteil der Kunst des 20. Jahrhunderts akut bedroht. Dieses Initiativprojekt zielt auf die Rettung des kulturellen Erbes einer der herausragenden Gattungen der Kunst des 20. Jahrhunderts.

Von der Konservierung zur Restaurierung von Videokunst
Das zentrale medienhistorische Ziel des Editionsprojektes besteht zunächst darin, den Verfallsprozess der Videokunst aufzuhalten und dringend benötigte Verfahren ihrer Restaurierung zu entwickeln. Auch im internationalen Kontext leistet das Projekt damit Pionierarbeit. Die seltenen Projekte zur Video-Archivierung in den USA und in anderen europäischen Ländern beschränkten sich bisher auf Strategien der Schadensbegrenzung und Sicherung der Videobänder. »40jahrevideokunst.de« geht einen Schritt weiter und kombiniert diese konservatorischen Aufgaben nun mit einer restauratorischen Zielsetzung. Videotechniker der Industrie, Kuratoren und Archivare arbeiten gemeinsam mit betroffenen Künstlern an der bildgenauen und detaillierten Rekonstruktion historischer Fassungen und ihrer Umkopierung auf digitale Videoformate, die auch zukünftig ein verlustfreies Kopieren ermöglichen werden. Weder Museumssammlungen noch Künstler konnten diese archivarische Aufgabe bisher leisten. Im Rahmen dieses Projekts werden nun die Kompetenzen für Methoden und Techniken der Restaurierung entwickelt und in einem internationalen Kontext kommuniziert. So wird Kuratoren, Archivaren und Künstlern eine konkrete Hilfestellung angeboten.

Meilensteine und aktuelle Tendenzen der Videokunst in Deutschland
Das Projekt ist nicht nur wegweisend in seiner technischen und editorischen Ausrichtung; es setzt zudem Maßstäbe in der öffentlichen Präsentation und kunsthistorischen Aufarbeitung von Videokunst in Deutschland. Während zum Beispiel die Malerei auch in Katalogen verbreitet wird, ist das zeitbasierte Medium Video bisher zumeist auf lokale Präsentationen, Ausstellungen und Festivals angewiesen. Mit ihrer Ausbreitung in der Gegenwartskunst wächst nun auch das Interesse der Öffentlichkeit, sich unabhängig vom Ausstellungsbesuch mit den Werken der Videokunst auseinander setzen zu können. Nahezu tägliche Verleihanfragen in den Museumssammlungen bestätigen das Bedürfnis, Videokunst auch außerhalb der Institutionen dauerhaft vermittelbar zu machen. Das Projekt begegnet dem Interesse der Öffentlichkeit durch die Ausstellung und Publikation eines historischen wie aktuellen Panoramas der Videokunst. Seit ihrem Beginn sind zentrale Werke der Gattung vor allem in Deutschland entstanden. Nam June Paik, Wolf Vostell, Klaus vom Bruch und Ulrike Rosenbach können auch im internationalen Kontext als Vorreiter in der Entwicklung der Videokunst angesehen werden. Namen wie Daniel Pflumm oder Bjørn Melhus stehen demgegenüber für jüngere Positionen von Videokunst in Deutschland. Aus diesem umfangreichen Fundus hat eine international renommierte Fachjury knapp 60 Arbeiten ausgewählt.

  • Dieter Daniels, Professor an der HGB Leipzig

  • Rudolf Frieling, Historiker und Medienwissenschaftler am ZKM Karlsruhe und Leiter des Gesamtprojekts

  • Susanne Gaensheimer, Sammlungsleiterin und Kuratorin am Lenbachhaus München

  • Søren Grammel, freier Kurator, zuvor Leiter der Videonale 9 Bonn und Kurator am Kunstverein München

  • Wulf Herzogenrath, Direktor der Kunsthalle Bremen

  • Nan Hoover (USA, NL), Videokünstlerin, ehem. Prof. für Medienkunst an der Akademie Düsseldorf

  • Doris Krystof, Kuratorin K21/Kunstsammlung NRW, Düsseldorf

Symposium
Den publizistischen Auftakt von »40jahrevideokunst.de« leistet ein Symposium, das praktische wie theoretische Fragen der Konservierung, Restaurierung und Archivierung von Videokunst behandelt. Das Symposium wendet sich daher zum einen an nationale und internationale Kuratoren, Restauratoren und Archivare, zum anderen lädt es Künstlerinnen und Künstler ein, von den Möglichkeiten und Strategien einer zukünftigen Sicherung elektronischer Datenträger zu erfahren. Veranstaltungsort ist die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Die Daten des Symposiums: 1. und 2. Juli, 2005.

Ausstellungen
»40jahrevideokunst.de« wird sich abschließend (März – Mai 2006) der Öffentlichkeit in einer parallelen Ausstellung präsentieren, die zeitgleich in folgenden Häusern stattfinden wird:

  • Kunstsammlung K21/Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf

  • Kunsthalle Bremen

  • Lenbachhaus München

  • Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe

  • Museum der Bildenden Künste Leipzig

Die ausgewählten knapp 60 Werke bilden dabei den Kern der Ausstellungen, die jeweils eingebettet sind in unterschiedliche Kontexte und Schwerpunktpräsentationen. Die Ausstellungen erhalten an fünf verschiedenen Orten einen kuratorischen Rahmen und Präsentationsformate, der sich aus den unterschiedlichen Perspektiven und räumlichen Gegebenheiten der beteiligten Institutionen ergibt.

Katalog
Der Katalog präsentiert die knapp 60 Einzelwerke des Projekts ausführlich und bietet darüber hinaus eine medien- und kunsthistorische Darstellung der Gattungsgeschichte. Diese wird ergänzt durch eine Reflexion der konservatorischen und restauratorischen Ergebnisse des Projekts. Geplant ist die Erweiterung des Katalogs durch eine DVD-ROM mit Ausstellungsbeispielen, die dem Leser die Möglichkeit einer privaten Rezeption der Edition eröffnet.

DVD Studienausgabe
Ein spezielles Angebot an wissenschaftliche Einrichtungen bildet die Publikation einer DVD-Studienausgabe. Universitäten, Bibliotheken und Archive können diese »Studien-Edition der Videokunst in Deutschland« damit in gesamter Aufführungslänge erwerben. Die Publikation geschieht im Interesse einer Nachhaltigkeit der wissenschaftlichen Forschung und Lehre und wird ab April 2006 vertrieben. Das Goethe-Institut wird zusätzlich die Studienausgabe in Kulturprogramme im Ausland einbinden.

Rudolf Frieling

 
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